Adventkalender

zu Kapitel 2

zu Kapitel 3

zu Kapitel 4

Zur Weihnachtsgeschichte 2019

Adventskalendergeschichte 2020

als Hörbuch

enthält musik von https://www.frametraxx.de/

Kapitel 1

Kakerlakenscheiße! Du hattest bereits zwei und ich nur einen!” flucht Oliver während Tobi den letzten Keks aus der Proviantdose nimmt. Die beiden Jungs verfallen in ein wildes Handgemenge, fuchteln in der Luft herum und rangen um den letzten Keks. Innerhalb von Sekunden hatte sich das Zugabteil in einen Boxring verwandelt, in dem Runde um Runde um das leckere Schokogebäck gekämpft wird. Plötzlich und unbemerkt tritt Tobi dem schlafenden Dackel Peter auf den Schwanz, welcher schockiert die Augen aufreißt und mit lautem Gejaul in das Chaos einstimmt. Dann macht der grummelige alte Hund der Schreierei der streitenden Jungen aber ein Ende. Mit einem großen Happs mopst er Tobi den Keks aus der Hand und verschlingt ihn binnen Sekunden. Die gerade noch wild durcheinander wuselnden Jungen schauen Dackel Peter völlig baff an und betrachten fassungslos das schmatzende Tier. „Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ kommt es schadenfroh aus dem oberen Bett des Schlafabteils. Dort sitzt Mändii, die sehr belustigt scheint und sie schelmisch angrinst. „Oliver...Tobi...!“, durchdringt es plötzlich die verrückte Situation. „Bei Mama ist inzwischen Eskalationsstufe 5 erreicht, setzt Euch jetzt hin“, schimpft Vater Benedikt, denn bei Mutter Corinna liegen tatsächlich die Nerven blank. Die Familie ist schon seit über 34 Stunden unterwegs, um Familie Szsahdkidgs in Nadino zu besuchen. Es ist schon fast ein Jahr her, dass Familie Szsahdkidgs Familie Tenktereng in Deutschland besucht hat. Nun befindet sich die ganze Bande plus Cousin Oliver endlich auf dem Weg in das kleine Dorf zu ihren Freunden. Im vergangenen Jahr hatten die Familienmitglieder unterschiedlich viel Kontakt zueinander: Mändii ist mittlerweile 17 und im Sommerlager am grünen See zu den Rovern gewechselt. Mit Stolz trägt sie seitdem ihr neues rotes Halstuch. Es verging kein Tag im letzten Jahr, an dem sie nicht mit Boris Kontakt hielt. Sie schrieben über Threema und skypten regelmäßig. In der Zwischenzeit hat Boris sein Abitur gemacht und ist mit Interrail durch Europa getourt. Auf seiner Reise hat er einen Abstecher an den grünen See gemacht, um sich dort heimlich mit Mändii zu treffen. Da sie sich dort aber nur kurz sehen konnten, ist sie jetzt schon total aufgeregt, ihren Freund bald endlich wiedersehen zu können. Voller Vorfreude und Aufregung zickt sie ihre Geschwister ausnahmsweise auch nicht so sehr an wie sonst. Auch Tobi, der kleinste der Familie – mittlerweile 9 Jahre alt – freut sich auf den Besuch. Er hat extra sein neues Schneemann-Kostüm eingepackt, um es Dunja vorzuführen, mit der er im Vorjahr immer wild gespielt hat. Dafür hat er heimlich sogar die langen Unterhosen wieder aus dem Koffer ausgepackt, damit das sperrige Kostüm überhaupt reinpasst. Tobi ist eh der Meinung, dass eine Unterhose pro Woche reicht – man kann sie ja schließlich wenden. Oliver, sein 5-jähriger Cousin, ist diesmal auch mit dabei. Seine Eltern haben eine Reise für 2 auf die Malediven gewonnen und holen Ihre Flitterwochen nach. Oliver ist ein aufgewecktes, etwas moppeliges Kind mit einer dicken schwarzen Brille, ohne die er völlig aufgeschmissen ist. Daher auch die dicke Schramme auf seiner Stirn. Meist nennen Ihn alle liebevoll den kleinen Maulwurf. Für den 5-Jährigen ist es die erste große Reise ohne Eltern. Und dann geht es auch noch ins Ausland. Ganz schön spannend. Besonders freut er sich auf Boris, von dem er gehört hat, dass er nun eine eigene Bibergruppe leitet. Schließlich möchte Oliver nach den Ferien auch selbst endlich ein Biber sein. Mit seiner Lieblingscousine Milena versteht sich Oliver am besten, weil sie ihm immer so tolle Geschichten vorliest. Und sollte er auf der Reise mal Heimweh bekommen, dann kuschelt er sich einfach an sie und lauscht ihr. Auch gerade ist Milena wieder in ein Buch vertieft und lässt sich durch den Kekstrubel nicht ablenken. Sie ist völlig in ihrer Fantasygeschichte versunken und macht sich kaum bemerkbar. Irina hatte ihr zum 14. Geburtstag den Nachfolger des „Winterromans“ von Sandrine Hohmimmel geschenkt, denn sie letztes Jahr gemeinsam nur so verschlangen. Passenderweise nennt sich dieser „Sommerroman“ und erzählt die spannende Geschichte weiter. Die beiden Bücherwürmer haben sich seit ihrem letzten Treffen regelmäßig Briefe geschrieben, in denen sie sich über das Neueste aus der Fantasywelt ausgetauscht haben. So viel Kontakt wie Mändii und Boris hatten die beiden aber nicht. Sie waren viel zu sehr mit Lesen beschäftigt. Im Zugabteil wird es langsam etwas ruhiger und die Ankunft in Nadino rückt immer näher. Mutter Corinna malt sich derweil in Gedanken das Landleben der Szsahdkidgs aus. Sie freut sich auf die Idylle in der Natur, weg von Straßen und Abgasen. Die Szsahdkidgs haben nämlich einen Bauernhof nahe St. Petersburg. Da fällt ihr das Gastgeschenk ein, das sie extra für ihre Freunde besorgt hat: “Ich hoffe, Olga freut sich über den Christstollen. Wo hast Du ihn eigentlich hingepackt, Schatz?“ Doch Vater Benedikt antwortet nicht. Mit einem lauten Schnarchen gibt er zu verstehen, dass er in einen tiefen Schlaf gefallen ist. Dabei träumt er davon mit Juri und dessen neuer Kettensäge im Wald einen Weihnachtsbaum zu schlagen. Ein freundlicher Knuff in die Seite beendet das Sägekonzert und lässt Benedikt hochschrecken. Mit verschlafenen Augen schaut er verständnislos in die Runde: „Ähhhhh...was?!“ „Das heißt ‘Wie bitte’!“ kommt es von Mändii. Am finsteren Blick Ihres Vaters erkennt sie, dass sie jetzt besser die Klappe hält. „Wo der Christstollen ist, habe ich gefragt!“ wiederholt Mama Corinna genervt. „Den habe ich in die pinkfarbene Tasche gepackt“ antwortet der Vater. „Aber da sind doch die Bücher von Milena und unsere Schuhe drin“ entgegnet Corinna und patscht sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Doch Benedikt zuckt nur mit den Schultern und fragt, wie spät es eigentlich sei. Da ertönt die Zugdurchsage und kündigt bereits Nadino an. Der Zug beginnt zu bremsen und schon bricht wieder Chaos aus. „Nur noch zwei Minuten und wir müssen raus“ ruft Mama Corinna hektisch. Alle greifen schnell nach Ihren Sachen und ziehen sich an. Da Oliver inzwischen eingeschlafen ist, schnappt sich Milena den 5-Jährigen und wirft ihn sich über die Schulter. Gerade noch rechtzeitig verlässt Familie Tenktereng den Zug und findet sich auf dem verschneiten Bahnsteig wieder. Da kommt ihnen auch schon Juri lächelnd durch die kalte Winterluft entgegen und nimmt der schnaufenden Milena das schlafende Kind ab. „Oh, da ist aber jemand müde. Das muss der kleine Oliver sein”, sagt er beim Anblick des Jungen. “Der Rest der Familie wartet zu Hause schon gespannt auf euch. Ich habe mir extra den Schlitten vom Nachbarn geborgt, um euch abzuholen. Also lasst uns schnell losfahren, um aus der Kälte rauszukommen”, so Juri. Der Anblick der historischen Troika haut die Familie um. Dort sind drei starke Pferde vor einen großen Holzschlitten gespannt, in dem kuschelige Decken und Felle liegen. Die Familie macht es sich in dem ungewöhnlichen Transportmittel bequem, mummelt sich gegen die Kälte dick ein und schon setzt sich der Schlitten in Bewegung. Kleine Glöckchen an den Geschirren der Pferde klingen herrlich winterlich durch die Nacht auf der Fahrt bis nach Nadino. Eine bemerkenswerte Winterlandschaft zieht an ihnen vorbei und ein faszinierender Sternenhimmel macht sich über ihnen breit. Oliver kriegt von alldem nichts mit. Er schläft noch immer friedlich an Milena gekuschelt unter einem Rentierfell und wird von Dackel Peter gewärmt, der heimlich mit unter das Fell gekrochen ist. Tobi hingegen ist so hibbelig, dass Mama Corinna Angst hat, dass er während der Fahrt aus dem Schlitten fällt. Mändii indes hat inzwischen ganz rote Wangen bekommen. Ob von der Vorfreude auf Boris oder von der Kälte weiß nur sie selbst.





als Hörbuch

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Kapitel 2

Nach einer aufregenden Nacht sitzen die beiden Familien am Morgen gemeinsam beim Frühstück. In ausgelassener Stimmung unterhalten sie sich als Irina ein großes Stück Wurst aus der Hand und auf den Boden fällt. Kaum will sie sich bücken, um es aufzuheben, ruft Milena “Lass ruhig liegen, Peter ist eh schneller als du” zu. Irina kichert und wartet gespannt. Doch Peter kommt nicht. Wo bleibt er nur? Die Kinder stecken Ihre Köpfe unter den Tisch und suchen das gefräßige Tier, für das es ganz untypisch ist, die Wurst nicht schon längst verschlungen zu haben. Doch es passiert nichts. Ganz außer sich ruft Tobi: „Peter ist weg., Peter ist weg.“ Erst jetzt fällt auch dem Rest auf, dass es erstaunlich ruhig um den Dackel ist und ihn heute noch keiner gesehen hat. „Habt Ihr ihn vielleicht am Bahnhof vergessen?“ fragt Olga lachend. „Njet, Nein“ erwidert Juri grinsend, „ich habe ihn gestern noch mit Oliver ins Haus getragen.“ “Wo ist der Schlingel nur?”, fragt sich Vater Benedikt. Als das alte Tier nicht auf lautes Rufen reagiert und die Kinder ihn auch im Haus nicht finden können, stürmen sie auf die Haustür zu, um ihn draußen zu suchen. Da ertönen die Mütter Olga und Corinna im Chor: „Jacken an, Kinder”. Lachend schnappen sich alle ihre Jacken und laufen draußen über den Hof, um den vermissten Hund zu suchen. Oliver steht auf einer Stelle und dreht sich staunend im Kreis. Weil er die Fahrt am Abend zuvor komplett verschlafen hat, hat er den tollen großen Hof mit der Scheune, dem angrenzenden Wald und einem Grillplatz noch gar nicht gesehen. Ein lautes Wiehern unterbricht Olivers Staunen und das rege Suchen der Kinder. “Lasst uns mal im Pferdestall schauen”, schlägt Dunja vor, die genau weiß, wo die Geräusche herkommen. “Sandra ist sonst nicht so laut. Das ist ganz untypisch für sie”, erklärt sie. Die drei Kleinsten erreichen das Tor als erste, können jedoch den schweren Riegel nicht alleine bewegen. Da kommt Boris und öffnet ihnen den Weg in den Stall. Sofort umgibt sie ein kräftiger Stallgeruch und das Bild, das sich den Kindern bietet, ist unglaublich. Sie beobachten, wie Pony Sandra einen Apfel aus Ihrem Trog nimmt, ihn durchbeißt, dabei eine Hälfte frisst und die andere dem gefräßigen Peter hinwirft. Dieser ist kurz skeptisch, schnuppert an der Apfelhälfte und frisst ihn schließlich - obwohl es keine Wurst ist. Alle Kinder sind glücklich Peter gefunden zu haben. Wie jeden Tag, wollen die Kinder das Pony nun auf die Koppel bringen. Doch da das der gemütlichen Sandra überhaupt nicht gefällt, müssen Irina und Mändii sie regelrecht scheuchen. Dackel Peter scheint ihr nicht mehr von der Seite weichen. “Ich glaube Peter hat eine neue Freundin gefunden”, erkennt Dunja und muss kichern. Weils im Stall so gemütlich und warm ist, krabbeln die Kinder auf den Heuboden und spielen ausgelassen Verstecken. Währenddessen zeigt Boris seiner Freundin Mändii ganz stolz sein selbstgebautes Motorrad. Diese ist total fasziniert und bewundert ihren Boris dafür. Als sich Oliver gerade in einem Heuhaufen verstecken wollte, knackt es unter seinem Fuß. “Kakerlakenscheiße, was war das denn?“ ruft er und bemerkt plötzlich einen fiesen stinkigen Geruch. “Iiiiih, hast du gefurzt, Oliver?” fragt Tobi angeekelt. Doch diesmal war es nicht Oliver, der stank. Bei genauerer Untersuchung des Ursprungs des Gestanks fanden die Kinder ein längst vergessenes Nest alter Ostereier. Der 5-Jährige war darauf getreten. Dunja konnte sich jetzt auch wieder ganz genau daran erinnern, dass im Frühjahr ein Nest bei der Osterfeier ihrer Wölflingsgruppe trotz langer, langer Suche nicht gefunden wurde. Sie hatten schließlich die anderen Nester freundschaftlich geteilt, damit keiner leer ausgeht. Irina und Dunja haben nun genug von der vielen „frischen“ Luft und wollen sich lieber mit einem Buch auf die Ofenbank verziehen. Da ruft Mutter Olga auch schon alle Kinder wieder rein, um sich bei einem heißen Teller Bortsch aufzuwärmen. Nach dem Mittagessen will Juri Benedikt seine neue Motorsäge vorführen. So wie Vater Benedikt noch auf der Hinreise träumte, will Juri mit ihm im Wald damit eine Jolkatanne schlagen. Darauf freut er sich schon die ganze Zeit. Während sie sich auf den Weg in den Wald machen, sammeln die Jungs Holz für das Lagerfeuer, das sie heute Abend gemeinsam auf dem Hof veranstalten wollen. Nach drei Stunden harter Holzfällerarbeit kommen alle geschafft und durchgefroren wieder zu Hause an. Zum Glück hatte sich niemand verletzt. Um sich wieder etwas aufzuwärmen, verziehen sich die beiden Männer Juri und Benedikt in die Banja zurück. Das ist eine besondere russische Sauna, in der sie getrockneten Fisch essen und Wodka trinken. “Das beste Mittel gegen kalte Füße und einen leeren Magen”, erklärt Juri grinsend. Zwischenzeitlich haben die Mütter einen großen Eimer Stockbrotteig angesetzt, als Irina mit Milena im Schlepptau hereinschneit. Ganz der Chemie-Nerd fragt sie was mit der großen Menge an heterogenem Fest-Flüssig-Gemisch passieren soll. „Das ist Stockbrotteig, das erkennt man doch!“ erwidert Milena belustigt und beginnt zugleich über Ihren Stufenwechsel zu erzählen, bei dem sie einige Aufgaben mit einem Bezug zur Farbe Grün machen musste. Als erstes sollte Sie einen grünen Stockbrotteig herstellen. Das sah ganz schön eklig aus. Danach wurden Ihr die Augen verbunden und Sie musste einen grünen Frosch küssen.... und essen. „Du kannst dir gar nicht vorstellen wie froh ich war, als ich merkte, dass er nicht echt war“ erzählte sie immer noch mit einem Schaudern in der Stimme. Doch sie bestand die grünen Prüfungen tapfer und erhielt ihr neues grünes Halstuch. “Nicht quatschen, sondern helfen. Wir wollen gleich das Stockbrot backen, also zeigt mal, dass ihr ein ordentliches Feuer bei den Minustemperaturen anbekommt.” sagt Olga zu den Mädchen. Laut ruft sie nach Mändii und Boris, die sich die letzten Stunden in Boris’ Zimmer verdrückt hatten. „Geht bitte noch die Tiere füttern und vergesst nicht Sandra anzubinden, sie haut ja sonst gerne ab. Und zieht euch bitte alle warm an, wir gehen gleich raus.” Dunja, die schon wieder ganz zappelig und aufgeregt ist, zieht Tobi und Oliver hinter sich her und meint „Kommt, wir ziehen unsere langen Unterhosen an, abends wird es hier richtig kalt. Brrrr“. Trotz wildem Kramen in den Koffern kann Oliver seine Hose nicht finden und ruft nach seiner Tante. Als diese oben ankommt, hüpft Tobi noch wild im Schneemannkostüm, aber ohne Hose über die Betten, während Oliver in Unterwäsche vor seinem Koffer steht und alles durchwühlt. Mit einem Griff schnappt sich Corinna Olivers lange Unterhose und wirft sie ihm zu. Tobi erhascht nur einen bösen Blick von seiner Mutter, die nicht verstehen kann, warum er immer noch ohne Hose rumläuft. “Tobi, wo ist denn deine lange Unterhose, du musst dich auch warm einpacken”, sagt sie. Doch er rollt nur mit den Augen, vermeidet einen Blickkontakt und beichtet: “Die doofe Unterhose musste ich auspacken, sonst hätte der Schneemann nicht reingepasst”. Nun ist guter Rat teuer. “Ach Tobi, Olivers Hosen sind Dir zu klein, da müssen wir wohl Dunja fragen, ob sie eine für dich hat” meint seine Mutter. Da steckt Dunja schon den Kopf in Ihren Schrank und hält ihm kurz darauf stolz ihre zwei Lieblingsunterhosen zur Auswahl hin: Prinzessin Lillifee oder Rosa mit bunten Herzchen. Welche soll er bloß wählen? Tobi zögert und ist überfordert, doch er weiß, ohne lässt ihn seine Mutter nicht raus. Daher wählt er das rosafarbene Modell. Nachdem nun endlich alle warm angezogen sind, trifft sich die ganze Sippe am Lagerfeuer. Mutter Olga bringt zur Freude aller noch heiße Getränke in Thermoskannen mit nach draußen. Vorerst sind alle mit Stockbrot backen beschäftigt. Die Familie genießt einen gemütlichen Abend, alle quatschen durcheinander und halten ihre Stockbrotstöcke ins Feuer. Unterbrochen wird der Abend plötzlich durch ein lautes „Heilige Kakerlakenscheiße“ als Dunjas Stockbrot Feuer fängt. Schnell eilt Boris zu Hilfe und löscht es im Schnee. Mändii hat Herzchen in den Augen – Boris ihr Held. Nachdem sich die Aufregung etwas gelegt hat, nimmt Vater Benedikt ein leises Schmatzgeräusch wahr. Wer sich hier wohl nicht benehmen kann, ist sein erster Gedanke. Alle schauen sich nach dem Übeltäter um. Jetzt sehen sie im Schein des Feuers zwei Gestalten, die etwas abseits stehen. Bei genauerem Hinsehen erkennen sie dort einen Hund mit einem Pony am Führstrick. Scheinbar hatte es Dackel Peter geschafft, Sandra zu befreien und ans Lagerfeuer zu führen. Und da erklärt sich auch das laute Schmatzen: Pony Sandra schlürft lautstark aus den in den Schnee gestellten Kinderpunschbechern - und dies nicht ladyfein. Das Bild führt zur allgemeinen Heiterkeit und lautem Gelächter bei den beiden Familien. Und so neigt sich der Abend dem Ende zu.





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Kapitel 3

„Die turnen aber schön!“ meint Oliver – Boris erklärt Ihm, „Das sind Tänzerinnen und Tänzer des St.Petersburger Ballets. Sie tanzen zur Musik von Tschaikowskis Nußknacker. Und jetzt passt gut auf, gleich kommt die spannendste Stelle, wenn die Mäuse gegen die Armee der Nussknacker kämpfen.” Gespannt schauen sich beide Familien das Schauspiel an. Familie Tenktereng und Sjaskhadiud sind heute in St. Peterburg unterwegs und stehen in einem großen Pulk von Touristen in der Ermitage, wo eine kleine Gruppe von Tänzern eine Kostprobe ihres Adventsstücks darbieten. Die Ermitage, eine besondere ...Ausstellung im Ort, ist wunderschön weihnachtlich geschmückt. Während sich die Großen der Familien bereits mit den Menschenmassen in den nächsten Raum der Ausstellung drängeln, schaut Oliver noch immer gespannt den Mädchen und Jungen zu, die so tolle athletische Tanzübungen vorführen. Und wo sich der Familie schon der Anblick eines unheimlich großen und schönen Adventskranzes bietet, fällt dem kleinen Oliver plötzlich auf, dass die Anderen schon weitergezogen sind. Scheinbar hatten sie ihn übersehen und zurückgelassen. Da versucht er sofort hinter dem Rest der Familie herzurennen. Doch durch die großen Pantoffeln an seinen kleinen Füßen, die alle Besucher im Museum tragen müssen, stolpert er mit einem großen Satz und landet auf der Nase. Es kommt, wie es kommen musste: Seine Brille rutscht ihm von der kleinen Nase und schlittert über das glänzende Parkett bis unter den Stiefel eines Mannes, der ihr mit einem lauten Knacksen ein Ende verpasst. Ups. Oliver, der nun nichts mehr sieht, brüllt laut „Kakerlakenscheiße“ und tastet sich auf dem Boden kriechend durch den Raum. Ein lautes ‘Pock’ beendet seine Suche auf allen Vieren als er ordentlich mit dem Kopf an eine Wand donnert. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zieht er sich an der Wand hoch, berührt dabei eines der Gemälde und löst einen lauten Alarm aus. Ein wahnsinniges Piepen durchdringt den Raum und erweckt die Aufmerksamkeit eines Wachmannes. Dieser schnappt sich Klein-Oliver sofort und redet eindringlich auf ihn ein – dummerweise leider auf Russisch. So versteht Oliver nur Bahnhof und fängt bitterlich an zu weinen. Da kommen endlich auch die beiden Familien aufgeregt angelaufen und versuchen, das Chaos zu beenden und den schluchzenden Oliver zu beruhigen. Olga und Corinna eskortieren den Kleinsten nach draußen, damit nicht noch mehr schlimmes passiert. Sie halten ihn rechts und links am Arm, trösten ihn und werden nun ein besonderes Auge auf ihn haben. Denn die Ersatzbrille liegt zuhause. Als alle wieder draußen sind, stärken sie sich mit einer großen Portion Piroschki und Eis auf dem kleinen Markt in der Nähe. Als zwei Piroschki übrigbleiben, wundert sich Vater Benedikt. “Ich hatte doch extra für jeden eine geholt, wer hat denn da noch keine gegessen?” Jetzt erst stellen sie fest, dass Milena und Irina nicht zu sehen sind. “Zuletzt habe ich Sie im Museumsshop lesend bei dem großen Bücherregal gesehen”, erinnert sich Mändii halblaut. “Ach, die finden schon nach Hause”, meint Tobi grinsend. Doch seine Mutter protestiert lautstark und schickt Juri los, die beiden Mädchen suchen. Verärgert macht sie Vater Benedikt eine Szene, da sie ja immerhin damit beschäftigt war, auf den blinden Oliver aufzupassen. Da hätte Benedikt doch zumindest mal einen Blick auf die beiden Bücherwürmer werfen können. “Gut, dass wir Peter nicht auch noch mitgenommen haben, der hätte mir gerade noch gefehlt” – meint Benedikt. Nach kurzer Zeit kommt Juri mit den beiden Mädels im Schlepptau wieder zurück. Alle sind erleichtert, dass niemanden etwas passiert ist und sie nun wieder gesund beisammen sind. Doch sind diesmal wirklich alle da? Da gibt es erneut einen großen Knall als Maulwurf Oliver mit dem Kopf gegen einen riesigen Partyheizkörper knallt. Bevor er nach hinten umfallen kann, fängt ihn Boris gerade noch rechtzeitig auf. Oliver war wohl auf Wanderschaft gegangen und erntete, blind wie er nunmal war, die zweite dicke Beule an diesem Tag. So machen sich die Familien auf die Heimreise und Milena erzählt Boris begeistert von dem Bildband, den sie sich im Museumsshop angesehen hat. Dort war ein sagenhaftes Bild von einem grünen Himmel zu sehen. Man habe es wohl über St. Petersburg aufgenommen. “Ich glaube im Buch nannten sie dieses Naturschauspiel Polarlichter”, erklärt Milena und hofft dieses Schauspiel noch an einem der folgenden Abende in live sehen können. Wieder zu Hause bei den Sndhfgjdft sucht Papa Benedikt als erstes nach der Ersatzbrille für Oliver. Er findet sie zum Glück recht schnell. Sie lag direkt neben dem Gastgeschenk, welches die Tenkterengs beinahe vergessen haben. Kurz darauf liegt der mitgebrachte Weihnachtskuchen, der mittlerweile etwas ramponiert aussieht, bereits auf dem Tisch und wird angeschnitten. Eine schwarze Rosine rollte von Juris Teller über den Tisch bis zu Tobi, welcher daraufhin seinen Lieblingswitz rausholt: „Pass auf: Treffen sich zwei Rosinen. Sagt die eine: Warum hast du denn einen Helm auf? Sagt die andere: Ich gehe gleich noch in den Stollen.“ und lacht sich schlapp. Dunja guckt nur verständnislos. Da erklärt Milena ihr das Spiel Teekesselchen und was die beiden Bedeutungen vom Wort Stollen sind. Nun kann auch Dunja lachen und sucht nach Teekesselchen, was aber auf Grund der verschiedenen Sprachen etwas kompliziert ist. Für heute hatten alle genug Aufregung. Auf weitere gemeinsame Unternehmungen verzichten Sie an diesem Tag. Boris und Mändii machen noch einen romantischen Abendspaziergang. Milena und Irina übernehmen freiwillig den Abwasch und die kleinen sind noch ganz aufgekratzt. Sie springen wild um sie herum, was die Sache mit dem Abwasch nicht einfacher macht. Kaum ist die letzte Tasse aber abgetrocknet, flüchten die beiden Bücherwürmer nach oben, um sich gemeinsam die Verfilmung ihres Lieblingsbuches anzuschauen. Kurze Zeit später ist Zapfenstreich für die Kleinen. Juri und Benedikt bringen die Kinder ins Bett und lesen ihnen noch eine Gruselgeschichte vor. Die Frauen trinken sich gemütlich ein russisches Nationalgetränk und warten auf Ihre Männer, um den Abend entspannt ausklingen zu lassen. Da klopft es plötzlich – vor der Tür steht ein Schneemann, der sich als Mändii entpuppt. Das Wetter hatte umgeschlagen und sie in eine dicke Schneedecke gehüllt. “Boris holt noch Dackel Peter”, erklärt sie, “Wir haben Angst, dass er den Schneesturm sonst nicht überlebt”. Ein zweiter Schneemann bringt den zitternden Peter ins Haus und setzt ihn sanft vor der Couch ab. Da schüttelt sich Peter plötzlich. Kalter nasser Schneematsch fliegt umher und macht alle wieder munter. Lachend stoßen sie noch mal auf den aufregenden Tag an und gehen kurz darauf ins Bett.

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Kapitel 4

„Tante Corinnaaaaa bist du waaach?“ fragt Oliver als er Corinnas Augenlid unsanft anhebt und sie damit aus dem Schlaf reißt. “Eins, zwei, drei …” zählt er ungelenk an seinen 5 Fingern ab, dass der Weihnachtsmann inzwischen 7 Tage überfällig ist. „Mhmmmm, lass mich schlafen”, ist die müde Reaktion der noch halb im Traum steckenden Tante. „Ist ja gut, heute kommt ja der Weihnachtsmann.“ brummelt Sie beim Umdrehen. “Dann gibt es heute es endlich die Geschenke”, schlussfolgert Oliver. Laut jubelnd rennt er durch das Haus und schmeißt damit auch den letzten Bewohner aus dem Schlaf. Dunja und Tobi fallen kurz darauf in das Freudengeheul ein und die drei kleinen Wirbelwinde toben in Schlafanzügen wild durch das Haus. Die Älteren hingegen quälen sich nur langsam aus den warmen Betten. Eigentlich wollten sie am Silvestermorgen extra etwas länger schlafen, da die Nacht zum Jahreswechsel besonders lang werden würde. Beim Frühstück erinnern sich die Kinder noch genau an den Abend des 24. Dezembers als keine Päckchen unter dem Baum lagen. Während das für die Kinder der Familie Shahsgddsfjg total normal war, vermissten die Tenkterengs die typischen deutschen Weihnachtstraditionen. Da beginnt erneut ein reger Austausch über die vielen verschiedenen weihnachtlichen Figuren, die den Kindern in der Adventszeit und vor allem an Weihnachten Freude bereiten. Sie sprachen über Hexe Befana, Knecht Rubrecht, Nikolaus, das Christkind, den Weihnachtsmann, Santa Claus, Sinterclaas und Väterchen Frost mit seiner Enkelin Sneguritschka. Auch die jeweiligen Geschichten zu den Gestalten und die mit ihnen verbundenen Traditionen waren Thema. Die Kinder hörten sich alles gespannt an und freuten sich dadurch nur noch mehr endlich Weihnachten feiern zu können. “Papa, lass uns doch einfach in die Niederlande ziehen, dann bekommen wir als erstes Geschenke “, merkt Tobi an. Milena ist begeistert: “Das ist eine tolle Idee. Dann machen wir einfach eine Art Weihnachts-Hopping. Wenn wir nämlich dann wieder nach Deutschland ziehen, bekommen wir ein zweites Mal Geschenke.” Ganz anders als sonst rutschen nicht die Kinder ungeduldig auf ihren Stühlen umher, weil sie so aufgeregt sind, sondern Olga und Corinna. Sie können es kaum abwarten das Frühstück zu beenden, da noch sooo viel zu tun und vorzubereiten ist. Die Männer hingegen sitzen tiefenentspannt am Tisch, schlürfen gemütlich eine weitere Tasse Kaffee und langen bei dem leckeren Mahl weiter zu. Doch den Frauen reicht es jetzt. Sie springen vom Tisch auf, verteilen die ersten Aufgaben und kurze Zeit später wuseln bereits alle in Haus und Hof umher. Die drei Kleinsten haben eine ganze besonders wichtige Aufgabe erhalten: Sie sollen möglichst nicht im Weg rumstehen. Denn das können sie besonders gut. Daher gehen die beiden in Dunjas Zimmer, wo sie versteckt im Schneemann-Kostüm eine angebrochene Packung Luftballons finden. Schnell reift der Plan eine Wasserbombenschlacht zu machen. So schleichen sie sich heimlich in den Keller und füllen die Ballons mit Wasser auf. Auf dem Weg in den Stall, wo sie die wilde Wasserbombenschlacht machen wollen, ruft Boris sie. Damit er ihre geheime Munition nicht sieht, verstecken sie die Kiste mit den Wasserbomben in einer Schneewehe vor dem Stall. Boris mahnt sie zur Eile: „Striegelt Sandra schnell, damit das Pony für Weihnachten auch schön aussieht. Gleich wollen wir noch den Weihnachtsbaum im Hof schmücken.“ Schnell machen sich die Kinder ans Werk. Dunja holt Sandra aus dem Stall und die Jungs bringen die Kiste mit dem Putzzeug raus. Die Putzaktion gestaltet sich schwierig, denn Dackel Peter steht ständig im Weg rum. Er weicht Sandra kaum einen Meter von der Seite. Währenddessen bringen Irina und Milena den ganzen Dekokram, den sie finden konnten, zur schönen großen Tanne, im Hof. Und so schmückt die ganze Familie gemeinsam den Baum. Während die meisten emsig helfen, sitzen Mändii und Boris Händchen haltend auf der Bank und geben gutgemeinte Ratschläge von der Seite. In einer unbemerkten Sekunde zieht Dunja die beiden Jungs an den Jacken und die Drei verständigen sich ohne Worte über ihre geplante Aktion. Endlich sollte die Wasserbombenschlacht alle überraschen. Da versucht Tobi auch schon den ersten Wurf auf Mändii. Dieser geht jedoch voll vorbei. Kurz erschrocken über das Geschoß greift Mändii nach dem Ballon, der sich mittlerweile in einen Eisball verwandelt hat, denn die Wasserbomben sind inzwischen eingefroren. Schnell erkennen die drei Kleinen die Gefahr und bevor sie von Mändii getroffen werden können, gehen sie zum Gegenangriff über. So greifen die Kinder nach einer neuen Wasserbombe und werfen wie wild drauf los. Und weil es bei den Tenktereng und Sjldfhuhu keinen Spaß ohne ein kleines Chaos gibt, trifft Olivers Eisbombe den gerade fertig geschmückten Weihnachtsbaum, welcher stark ins Wanken gerät. Und damit noch nicht genug, wirft Mändii ihren zweiten Ball, verfehlt Sandra nur knapp und die Bombe landet mit einem lauten Aufprall in einem Blecheimer direkt neben dem Pony. Sandra erschreckt sich vor dem plötzlichen Lärm so stark, dass sie ausschlägt und losrennt. Dackel Peter, der gerade noch entspannt neben Ihr lag, läuft laut bellend mit Sandra in Richtung Weihnachtsbaum. Die Erwachsenen, die in der Nähe des Baums stehen, schaffen es gerade noch rechtzeitig zur Seite zu springen. Oder auch nicht? - Benedikt schafft es nicht mehr, er wird von Pferd und Hund überrannt und klammert sich an den Baum, den er eigentlich vor dem Sturz retten wollte. Doch langsam neigt er sich mit Vater Benedikt zur Seite und fällt nadelstiebend um, wodurch sich der Schnee durch die vielen Nadeln grün färbt. “Grünen Schnee – hatten wir lange nicht mehr”, ruft Dunja lachend. Vater Benedikt liegt derweil stöhnend am Boden. Sein Bein ist unter dem Baum eingeklemmt. Schnell ziehen ihn Juri und Boris unter dem Bäumchen hervor und bringen ihn sicher ins Haus. “Der Baum ist wohl hin”, stellt Olga fest. Und da Benedikt – ganz Mann – nun sein Bein schonen muss, ziehen Corinna und Olga mit der Kettensäge los, um einen neuen Baum zu holen. „Wir brauchen noch Klarlack.“ sagt Mändii „damit können wir die Christbaumkugeln bestimmt noch retten.“ Milena und Irina ziehen los, um die Tiere einzufangen und in den Stall zu bringen. Oliver steht weinend neben dem Chaos und schluchzt: “Nun wird der Weihnachtsmann bestimmt nicht kommen, weil ich den Baum zerstört habe. Und ich bekomme gar keine Geschenke. Und meine imperiale Flotte kann ich dann auch nicht weiter ausbauen”. Vor lauter Geschluchze ist der kleine Maulwurf kaum zu verstehen, doch Dunja stupst ihn liebevoll an und flüstert: „Kakerlakenscheiße - klar kommt Väterchen Frost – ich war schließlich immer lieb 😉“. Und tatsächlich so ist es. Väterchen Frost bringt allen tolle Geschenke und Snegurutschka, die Mändii irgendwie ziemlich ähnlich sieht, gibt Boris sogar einen kleinen Kuss. Es ist ein tolles Fest und der Start in ein hoffentlich gesundes und glückliches neues Jahr. Ein bisschen Wehmut schwingt trotz der heiteren Stimmung mit, da sich die Familien schon morgen verabschieden müssen und noch nicht klar ist, wann sie sich wiedersehen können. Aber eines ist klar: sie werden in Kontakt bleiben. ENDE









Eine Weihnachtsgeschichte - 2019

Bei Familie Tenktereng ist heute ganz viel los. Nachdem der Postbote heute Mittag den großen braunen Umschlag einwarf, war es mit der ruhigen Vorweihnachtsstimmung erstmal vorbei. Voller Neugier quängeln die Kinder schon den ganzen Tag, um endlich zu erfahren, was in dem verdächtigen Umschlag mit ausländischen Briefmarken steckt. Mändii, die größte der drei Kinder, ist 16 Jahre alt und immer für hitzige Diskussion mit ihren Eltern bereit. Die ersten Zicken zeigt sie schon am Morgen, wenn sie an ihrem Schreibtisch sitzt und ihre engelsblonden Haare bürstet. Wehe ihr kleiner Bruder Tobi geht an ihre Heiligtümer wie ihren neuen Eyeliner oder den angesagten Lipgloss fairy pink. Denn nicht nur einmal nutzte Tobi in ihrer Abwesenheit die Gelegenheit sich an ihren Beautyutensilien zu bedienen. Ob als Panda, Löwe oder Clown, für klein Tobi musste es immer bunt sein. Der 8-Jährige und damit Jüngste in der Familie geht in die dritte Klasse der benachbarten Waldorfschule und hat gerade gelernt, seinen Namen zu tanzen, was die Familie in den Wahnsinn treibt. Besonders aber die mittlere der drei Kinder: Milena. Milena ist ein echter Bücherwurm und mit ihren 13 Jahren auf dem Gymnasium Klassenbeste.
„Kiiiiinder, Tisch decken, Essen ist fertig.“ Während Milena pflichtbewusst anfängt, die Teller aus dem Schrank zu holen und Mändii nöhlt, dass ihre Nägel noch nicht trocken sind, poltert und rumpst es von oben die Treppe hinunter. Inspiriert vom letzten Besuch bei Oma, schallt es plötzlich laut durch den Hausflur „Ich will nen Cowboy als Mann..“ und Tobi kommt mit Milenas altem Springseil lassoschwingend ins Esszimmer gestürmt. Denn auch heute hatte er sich wieder einmal im Zimmer seiner großen Schwester ausgetobt und sich als Indianerhäuptling geschminkt. Da platzt Mama Corinna der Kragen und sie spricht ein Machtwort. Kurz darauf ist der Tisch gedeckt, Papa Benedikt kommt auch gerade rechtzeitig heim und der große braune Briefumschlag kann endlich geöffnet werden. „Hurra, wir haben es geschafft. Wir sind Teil des international familiy scout exchange programme for multicultural experiences and more“ erzählt Mama Corinna. Während Mändii und Milena noch fragend schauen, spricht es Tobi laut aus: „Häää?!“ „Das heißt wie bitte mein Sohn“ erwidert Papa Benedikt und lockert seine Krawatte. Die Familie hatte es also tatsächlich geschafft einen Platz in dem begehrten Austauschprogramm zu ergattern, in dem sich Pfadfinderfamilien aus verschiedenen Ländern und Kulturen begegnen können. Hierzu besuchen sich die Familien jeweils 2 Wochen, um das Leben der anderen Pfadfinder kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen. Während sich der kleinste am Tisch schon am Briefumschlag vergreift, um ihn sich über den Kopf zu ziehen, fällt plötzlich ein Foto aus dem vermeintlich leeren Umschlag. Und da kam Peter ins Spiel. Der alte gutmütige und immer schnarchende Rauhaardackel, der sich normalerweise nur unter Zwang bewegt, wird immer dann wild, wenn vom Esstisch etwas fällt. Aber die clevere Milena ist schnell genug und rettet das Foto vor dem gefräßigen Tier. In einer Winterlandschaft steht da eine Familie, die freundlich in die Kamera lächelt und in ihren weißen Skijacken fast ein bisschen wie Schneemänner aussieht. „Schatz, hast du gelesen wann Familie Szsahdkidg kommt?“, fragt Papa Benedikt, wie immer kontrollierend und faktencheckend. „Was? Schon nächsten Freitag? Da ist doch Nikolaus", stellt Mama Corinna fest, während ihr die ganze Farbe aus dem Gesicht weicht. Schon jetzt total unter Stress weiß sie gar nicht, wo sie anfangen soll: „Putzen, waschen, einkaufen, dekorieren, Geschenken besorgen, und das zusätzlich zum normalen Wahnsinn. Wie soll ich das denn schaffen? Und ihr müsst auch noch eure Zimmer aufräumen!“ Papa Benedikt versucht seine Frau zu beruhigen „Schatz, du schaffst das schon. Wir sind ja auch noch da.“ Während Mändii sich mit gequältem Gesichtsausdruck darüber beschwert, etwas tun zu müssen und im schlimmsten Fall sogar noch ihr Zimmer teilen müssen, wird Milena ganz hibbelig. „Aber Mama ich kann jetzt nicht aufräumen, du musst mir doch noch helfen, die blaue Lilie aufzunähen. Heute ist doch noch Juffigruppenstunde und ich will nicht die einzige sein, die nach ihrem Versprechen keine Lilie auf der Kluft hat.“ Am Abend ist endlich Ruhe in die Familie Tenktereng eingekehrt. Sie sitzen im Wohnzimmer, um sich auf einen gemütlichen Fernsehabend einzustellen, da kommt Milena von der Gruppenstunde nach Hause. Aufgeregt, wie sie ist, stolpert sie wieder einmal über den mitten im Weg liegenden Peter, der sich grummelnd einen neuen Platz mitten im Raum sucht. Sie berichtet stolz von der Gruppenstunde und dass sich alle auf den Besuch aus dem Ausland freuen. Schnell wird klein Tobi noch ins Bett geschickt und der Rest der Familie genießt mit einer großen Schüssel Popcorn den Abend mit einem Rosamunde Pilcher Film. Denn das ist Papa Benedikts Lieblingsbeschäftigung nach einem stressigen Arbeitstag.


Mit roten Nasen und frierend steht Familie Tenktereng erwartungsvoll und aufgeregt am Hauptbahnhof an Gleis 3. Selbst Rauhaardackel Peter ist es zu kalt, sich auf den Boden zu legen und seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Mändii, Milena und Tobi liegen Mama Corinna schon in den Ohren und wollen wissen, wann der Zug endlich ankommt. Denn auf der Anzeigentafel wurde bereits eine kurze Verspätung angekündigt. Doch dann ist es endlich soweit, der Zug fährt quietschend in den Bahnhof ein und die Türen öffnen sich. Nach acht Tagen des Wartens können die Tenkterengs ihre Austauschfamilie endlich begrüßen. Schnell hat sie Milena am Ende des Bahngleises entdeckt. Voll bepackt, die Jacken unterm Arm, kommen sie schon winkend auf die Familie zu. „Oh wie schön, dass ihr endlich da seid. Ich hoffe ihr hattet trotz Verspätung eine gute Reise?!“, empfängt Mama Corinna die Szsahdkidgs herzlich. „Mama, die sprechen doch ausländisch, oder?“ wirft der kleine Tobi ein und zieht seiner Mama an der Jacke. Daraufhin beugt sich Olga freundlich zu dem kleinen Jungen runter und sagt „Keine Sorge mein Kleiner. Meine Eltern stammen aus Deutschland, deswegen sprechen wir alle deutsch. Du bist Tobi, oder? Ich bin Olga“ und reicht ihm, wie bei den Pfadfindern üblich, die linke Hand mit abgespreiztem kleinen Finger. Jetzt begrüßen sich auch die anderen Familienmitglieder wild und freudig durcheinander. Die kleine Dunja, ungefähr in Tobis Alter, sticht mit ihren feuerroten Locken und ihrem rosafarbenen Ballettröckchen sofort ins Auge. Sie scheint dieselben Vorlieben zu besitzen wie ihr Gastbruder. Schneller als die Eltern es begreifen können, haben sich die beiden kleinsten angefreundet und spielen auf dem Bahnsteig verstecken. Wesentlich schüchterner ist die mittlere Tochter der Familie Szsahdkidg, Irina. Still steht die 14-Jährige an der Seite ihres Vaters und ist mindestens einen Kopf größer als Milena. Auch ihr Vater Jurij ist großgewachsen. Mit seinem dunklen Vollbart und dem Karohemd sieht er aus wie ein echter Holzfäller. Doch wenn er lacht, strahlen seine blauen Augen und seine Lachfältchen spiegeln seine freundliche Art wider. Bevor die Kinder in ihrem Eifer noch auf die Gleise springen, treibt Mutter Corinna zum Aufbruch an und gemeinsam gehen die Familien zum Auto der Tenkterengs. Die beiden Väter verladen das Gepäck als Papa Benedikt den Rucksack von Irina entgegennimmt. Dieser zwingt ihn fast in die Knie. „Mein Gott, Irina, was hast du denn da drin? Backsteine?“, fragt er stöhnend. Kichernd erwidert sie „Nein, nur das ein oder andere Buch.“ Auch Boris packt fleißig beim Verladen der Koffer an. Der gutaussehende älteste Sohn der Szsahdkidgs, genießt schon seit dem ersten Moment Mändiis volle Aufmerksamkeit. Als Jurij die Jacken auf dem Rücksitz verstauen will, stoppt ihn Vater Benedikt und merkt an, dass es doch viel zu kalt sei. Da sie nämlich nicht alle ins Auto passen, müssen sie ihren Heimweg zu Fuß antreten. „Wir machen eine Schnitzeljagd, freut sich Tobi und springt jubelnd um Dunja herum, die gleich darauf in das Jubelgeschrei einstimmt. Dackel Peter schleicht sich derweil heimlich in den Fußraum des Beifahrersitzes. Schnell enttarnt Benedikt den faulen Hund: „Komm du Dickerchen, ein bisschen Bewegung tut dir auch mal gut“. Er zerrt ihn aus dem Auto und drückt Milena die Leine in die Hand. Und Mama Corinna nimmt sogleich das Kommando wie ein Marineschifffahrtskapitän in die Hand: „Los zieht eure Jacken an, dann können wir starten.“ Da ertönt Jurijs lautes Lachen: „Hier es doch total warm, zuhause haben wir minus 30 Grad.“ Die Männer steigen ins Auto und fahren los. Corinna teilt die Gruppen ein, erklärt den Ablauf und los geht die Schnitzeljagd nach Hause. Während sich die Familien besser kennenlernen und viel Spaß an ihrem kleinen Abenteuer haben, trottet ein Familienmitglied immer weit hinter den anderen her. Doch durch gutes Zureden der tierlieben Irina, schafft es auch der müde Dackel Peter bis nach Hause. Nach einem typisch deutschen Mittagessen verläuft der Nachmittag etwas ruhiger. Die Eltern der beiden Familien sitzen gemütlich im Wohnzimmer vor dem Kamin und unterhalten sich bei einer Tasse Kaffee. Mama Olga, eine kleine etwas rundliche und warmherzige Frau, berichtet mit leuchtenden Augen vom letzten Familienurlaub in Norwegen. Die dortige Fjordlandschaft hatte sie alle am meisten begeistert. Währenddessen stecken Milena und Irina mit ihren Nasen schon tief in ihren gemeinsamen Lieblingsbüchern und diskutieren schon heiß über die bereits angekündigte Fortsetzung ihres Lieblingsfantasyromans. Die einzigen, die es nicht ruhiger angehen lassen können, sind Tobi und Dunja, die seit Stunden durchs ganze Haus toben. Von Boris und Mändii fehlt seit dem Mittagessen jede Spur. Um Punkt 5 Uhr bläst Mama Corinna zum Abmarsch, denn Vater Benedikt muss die beiden kleinsten zur Wölflingsgruppenstunde bringen. Jurij schließt sich den dreien an. Nachdem die Väter mit den Gruppenleitern Pascal und Fabi besprochen haben, dass Dunja die nächsten zwei Wochen an der Wö-Gruppenstunde teilnehmen darf, erledigen die beiden den Wochenendeinkauf. Nach einer gefühlt unendlichen Liste von Corinna, schaffen sie es gerade noch pünktlich, um die Kinder von den Wölflingen abzuholen. Wild durcheinander erzählen die Kinder begeistert von Spielen und der anschließenden Traumreise, in der sie Zuschauer von einer Mondlandung sein durften. „Was für ein gelungener Tag“, denkt sich Vater Benedikt.


Dritter Teil: „Es schneit, es schneit!“ ruft Tobi und drückt sich die Nase an der Fensterscheibe platt. Von der Begeisterung angesteckt, hüpfen Dunja und er noch mit Schlafanzug bekleidet um den Esstisch herum. Auch Milena, die gerade dabei ist mit ihrer Mutter den Frühstückstisch zu decken, hält kurz inne und erfreut sich an den weißen Flocken. „Wow, das sieht ja aus wie in Die Wintersaga!, Irina, komm schnell runter, das musst du dir ansehen.“ Fasziniert von dem schönen Ausblick aus dem Fenster, geht sie einen Schritt näher und übersieht dabei völlig, dass Rauhaardackel Peter mal wieder im Weg liegt. Sie stolpert mit dem Geschirr in der Hand über ihn und legt sich der Länge nach hin. Peter verzieht sich knurrend unter den Esstisch. Da reicht Irina ihr schon die Hand, um ihr aufzuhelfen. Unerklärlicher Weise ist kein Teller beim Sturz kaputt gegangen. Während sie gemeinsam den Tisch zuende decken, plappern sie wild über die besten Szenen des Winterromans von Sandrine Hohmimmel. Nun ruft Corinna auch den Rest der Familie zum Frühstück und bittet Boris zwei Kerzen des Adventskranzes anzuzünden. Sie genießen einen gemütlichen Sonntagvormittag, in der vor allem der gestrige Nikolausmarkt Thema ist. Während die Eltern von der harmonischen Atmosphäre schwärmen, in der sie entspannt Glühwein schlürften und Bratwurst und Waffeln verspeisten, freute sich Milena über das viele Lob für das Selbstgebastelte. Neben Weihnachtskarten und Keksen hatte sie auch Wachstücher, Elchgläser und vieles mehr gut verkauft. Besonders faszinierend fanden die beiden Kleinsten den Besuch des Nikolauses, der ihnen mit seiner tiefen Stimme schon ein bisschen Angst gemacht hatte. Besonders der kleinen Dunja, die diesen Brauch aus ihrem Heimatdorf nicht kennt. Doch nachdem sie anschließend mit ihm gemeinsam Stockbrot backen konnte, hatte er auch ihr Herz erobert. „Schade nur, dass gestern noch kein Schnee lag“, sagt Papa Benedikt und schlägt einen Schneespaziergang vor. Peter, der das Wort Spaziergang hört, verzieht sich schnell unters Sofa in der Hoffnung nicht gefunden zu werden. Die Kinder jedoch schreien wild durcheinander: „Nein, wir wollen lieber Schlittenfahren“. Schnell ist dies beschlossene Sache. Und so verbringt die Familie einen schönen Tag im Schnee mit heißem Kakao, wilden Schneeballschlachten und rasanten Schlittenabfahrten. Bei einem Wettfahren krachen Mändii und Boris mit ihren Schlitten plötzlich ineinander und kugeln wie eine kleine Schneelawine ins Tal. Während den Müttern das Herz in die Hose rutscht und die Kinder belustigt in die Hände klatschen, kriechen die beiden Wettfahrer bereits lachend und unversehrt aus dem Schneeberg. Total geschafft, aber glücklich begeben sich die zwei Familien auf den Weg nach Hause. Jurij nimmt liebevoll den kleinen Dackel auf den Arm, der mit seinen kurzen Beinen und am ganzen Körper zitternd versucht durch den Schnee zu stapfen. Noch nie hatte er solch wackelnde Dackelbeine gesehen. Zuhause angekommen herrscht eine behagliche Gemütlichkeit, auf jedem Heizkörper liegen Jacken und Handschuhe zum Trocknen. Mit dicken Socken und einer Tasse Tee in der Hand wärmen sich alle erstmal vor dem Kamin auf. „Ich hab Hunger, ich will Pfandkuchen“, durchbricht der Kleinste im Raum die träge ruhige Stimmung. Mama Corinna verdreht die Augen und schaut hilfesuchend zu ihrem Mann. „Das heißt Pfannkuchen, Tobias“, erwidert dieser. „Nein, Pfandkuchen, das haben mir die Rover gestern beigebracht“, versucht sich Tobi zu rechtfertigen. „Du darfst nicht immer alles glauben, was die Rover sagen“, erklärt Papa Benedikt schmunzelnd. Mändii und Milena kichern. Da die ausländischen Gäste nicht wissen, was Pfannkuchen sind, begibt sich Benedikt in die Küche und bereitet einen riesigen Berg Pfannkuchen für die ganze Familie zu. Mutter Olga hilft ihm und stellt schnell fest „Das ist genau wie unsere Blinis, die lieben alle Kinder.“ Nachdem der Turm an Pfannkuchen restlos vertilgt wurde, schickt Mama Corinna die Kinder schnell ins Bett: „Morgen ist schließlich Schule. Also Zähne putzen, Pipi machen, ab ins Bett.“ Unerwartet gehorsam gehen die Kinder nach diesem anstrengenden Tag ins Bett. Am nächsten Abend steht die Rovergruppenstunde an. Mändii nimmt Boris mit, der sich im Gewusel der vielen Rover sofort wohlfühlt. „Was macht ihr denn heute“, fragt Boris neugierig. „Naja eigentlich wollten wir heute backen, aber Stefan, der den Teig mitbringen soll, scheint wie üblich zu spät zu kommen.“ Während Sina überlegt, schnell noch Zutaten beim Discounter um die Ecke zu besorgen, baut Martha bereits den Fleischwolf auf. Nach heißer Diskussion erklären sich zwei Rover bereit den Einkauf zu übernehmen. Kaum losgelaufen, taucht Stefan auf und entschuldigt sich mit einer plausiblen Erklärung fürs Zuspätkommen. Mit lauter Musik und Roverbrause geht’s motiviert ans Werk. Mit vollem Elan stopfen die ersten den Teig in den Fleischwolf und Lars beginnt um sein Leben zu kurbeln. Doch irgendwie kommt kein Spritzgebäck vorne raus. Immer mehr Teig wird in den Fleischwolf gestopft und Boris muss Lars helfen kräftig an der Kurbel zu drehen, weil sich kaum noch etwas bewegt. Mit kritischem Blick steht Annakanada plötzlich in der Tür, doch bevor sie die motivierten Rover und das bevorstehende Übel stoppen kann, kracht es kurz und der Keksteig spritzt in alle Richtungen. Schulterhochziehend kommentiert Boris „Ups, das war wohl eine Keksexplosion.“ Die Rover brechen in lautes Gelächter aus, nur Anna kann sich nur mühsam ein Grinsen abringen, als sie sich den Keksteig aus dem Gesicht wischt. Sina sorgt schnell für Ordnung, sodass doch noch ein paar leckere Kekse gebacken werden können. Auf dem Heimweg erzählt Boris von seinen Gruppenstunden zuhause und ist froh hier eine erleben zu dürfen und so gut aufgenommen worden zu sein. Auch Mändii freut sich, dass es ihrem Gast so gut gefallen hat.


m Abend vor der Abreise der Familie Szsahdkidg herrscht geschäftiges Treiben im Hause Tenktereng. Hier werden Bücher eingesammelt, da noch letzte Kleidungsstücke in die Koffer geräumt und alles wuselt wild durcheinander. Immer wieder gestört durch den im Weg liegenden Rauhaardackel, bindet ihn Mama Corinna mit der Leine am Türgriff der Vorratskammer fest. Alle sind ganz aufgeregt, doch vor allem Irina ist unruhig. Denn in ein paar Tagen ist es soweit. Sie steht im Finale des Buchstabierwettbewerbs ihres Landes. Im Halbfinale vor ein paar Wochen scheiterte sie beinahe an dem Wort Chlorhexamed Fluid. Doch mit dem endoplasmatischen Retikulum konnte sie das Halbfinale dann doch für sich gewinnen. Schon in den letzten Tagen nutzte sie jede freie Minute, um zu üben. Milena hätte ihr gerne geholfen, kann aber die merkwürdigen Zeichen nicht entziffern. Benedikt und Jurij schnappen sich auf Bitten von Mama Corinna derweil die Jüngsten, um im Wald einen Tannenbaum zu schlagen. Olga ist froh, dass sie nun ohne Störung der beiden Wirbelwinde weiter packen kann. Dick angezogen und mit einer großen Säge machen sich die vier auf den Weg, um einen schönen Baum zu finden. „Ich will einen, der sooo groß ist“, sagt Tobi und streckt die Arme so hoch er kann und stellt sich auf die Zehenspitzen. „Mindestens so groß wie du, Jurij.“ „Wusstest du eigentlich, dass wir Weihnachten ganz anders als ihr feiern? Wir stellen unseren Baum erst kurz vor Silvester auf“, erklärt Jurij dem kleinen Tobi. „Hä, aber dann ist Weihnachten doch schon vorbei“, erwidert der verwirrt. „Der heilige Abend ist bei uns nicht der 24. Dezember, sondern der 6. Januar“, antwortet Jurij. „Genau, das heißt nämlich Sochelnik“ fügt Dunja hinzu. Vater Jurij erklärt, dass man sich an Silvester mit der Familie trifft und dort Geschenke ausgetauscht werden und dass man bei einem großen Fest mit reich gedecktem Tisch zusammenkommt. In der Nacht vom 6. auf den 7. Januar kommt dann für die braven Kinder Väterchen Frost mit seiner Enkelin, dem Schneemädchen, auf einem Pferdeschlitten vorbei und legt ihnen Geschenke unter den Weihnachtsbaum. Das findet Tobi komisch: „Boah, dann musst du ja noch richtig lange auf deine Geschenke warten, Dunja.“ Das Mädchen nickt. Währenddessen hat sich im Haus der Tenkterengs viel getan. Die Koffer sind gepackt, die Kinder spielen und die Mütter bereiten gemeinsam das Abendessen vor. Da fragt Olga neugierig nach, wie denn ein typisch deutsches Weihnachtsessen aussieht. Mutter Corinna berichtet von den unterschiedlichsten Traditionen wie Kartoffelsalat und Würstchen, Weihnachtsgans mit Rotkohl und Klößen, Fondue oder Raclette. „Bei uns ist es allerdings so, dass sich jedes Jahr eins unserer Kinder ein Gericht wünschen darf. Letztes Jahr hatten wir zum Beispiel Hähnchen Nuggets und Pomm Frites, das hatte sich Tobi gewünscht. Dieses Jahr ist Mändii dran. Sie wünscht sich ein Süßkartoffelgratin mit Salat und als Nachtisch Creme Brulee.“ „Das ist aber eine schöne Tradition“, erwidert Olga. Bei ihr wird jedes Jahr das gleiche serviert. Da ihr Dorf sehr gläubig ist, wird zu Weihnachten nach der Fastenzeit auf magere Kost gesetzt. So essen sie zum Beispiel neben Salaten das typische Gericht Kutja. Noch bevor Corinna fragen kann, was Kutja ist, rumpst es an der Haustür. Schnell öffnet sie die Tür und erbklickt nichts als einen großen Tannenbaum. Mit gemeinsamen Kräften bringen sie den Baum in die gute Stube und stellen ihn neben dem Kamin auf. Angelockt von dem Lärm kommt auch der Rest der Familie ins Wohnzimmer und erfreut sich an dem prächtigen Baum. Mändii und Milena holen den Weihnachtsschmuck aus dem Keller und gemeinsam schmücken sie den Baum. Vertieft in das Schmücken, hört Jurij plötzlich ein leises Wimmern. Dem Geräusch folgend findet er Rauhaardackel Peter in der Vorratskammer liegend mit einem Wurstzipfel aus dem Maul hängend. Das Tier hatte die Gelegenheit genutzt mithilfe der Leine die Türklinke der Kammer herunterzuziehen und sich über die Wurstvorräte der Familie herzumachen. Jurij lacht und ruft Corinna herbei. „Oh nein ich Schussel, ich habe vergessen die Vorratskammer abzuschließen, das hat das gefräßige Tier schon einmal gemacht. Jetzt haben wir keine Würstchen zum Abendessen.“ Liebevoll nimmt Jurij den überfressenen Dackel hoch und legt ihn behutsam in sein Körbchen im Wohnzimmer. Schnell wird über die Missetat des Tieres berichtet und froh dem Weihnachtstrubel zu entgehen, rufen Mändii und Boris wie aus einem Mund: „Wir holen schnell Neue.“ „Dürfen wir mit?“, fragt Tobi und schaut seine große Schwester erwartungsvoll an. Diese blickt hilfesuchend zu ihrer Mutter. Corinna zögert kurz, da springt Vater Benedikt ihr zur Seite und sagt: „Ihr hattet doch versprochen, mit uns die Krippe aufzubauen, oder?“ Froh die Kleinen los zu sein, machen sie sich schnell aus dem Staub. Am heutigen Abend findet keiner so richtig in den Schlaf. Der bevorstehende Abschied der neuen Freunde macht alle ein wenig wehmütig. Auch beim Frühstück sind alle sehr wortkarg. Als es gemeinsam zum Bahnhof geht, kullern bereits die ersten Tränchen. Mändii ist nur froh, dass sie am Morgen wasserfeste Wimperntusche aufgetragen hat. Die Familien versprechen sich in Kontakt zu bleiben und freuen sich schon auf den baldigen Gegenbesuch. Da fährt auch schon der Zug ein. „Warum muss ausgerechnet heute der Zug mal pünktlich kommen?“, denkt sich Vater Benedikt. Es folgt ein wildes Umarmen, Taschen werden in den Zug gereicht und die Familie Tenktereng winkt zum Abschied. Alle sind froh an dem Austauschprogramm teilnehmen zu dürfen. Keiner hätte damit gerechnet, dass sie so schnell Freunde werden und sie schon jetzt vermissen. Zwei Wochen später holt Mama Corinna erneut einen braunen Umschlag aus dem Briefkasten. Absender ist Familie Szsahdkidg aus…?